Leben im Jahresverlauf
Winter
Rebhühner bleiben im Winter in „Ketten“ zusammen. Ketten bestehen entweder aus einem Elternpaar mit seinen erwachsenen Jungvögeln des vorangegangenen Sommers, oder sie bestehen aus Rebhühnern, die keinen Bruterfolg hatten und sich deshalb zu kleinen Gruppen zusammenschließen. Im Winter leben Rebhühner weitgehend von Pflanzen: die Blätter von Raps und Wintergetreide sind dann ihre wichtigste Nahrungsquelle (ORLOWSKI et al. 2011). Die Sterblichkeit der Rebhühner ist im Winter in unserer Studie geringer als zur Brutzeit im Sommer. Bei Schneelage wird es allerdings riskant: potenzielle Räuber können die Vögel auf dem weißen Schnee besser sehen. Deshalb bieten Hecken die einzige verlässliche Deckung bei hohen Schneelagen.
Ende Februar beginnen bei Rebhühnern die Frühlingsgefühle und die Familienverbände lösen sich auf. Die Hennen wählen den Partner. Der zukünftige Partner darf kein Bruder der Henne sein, sie wählt also einen ihr unbekannten Rebhahn aus. Die Hähne sind in der Überzahl und nehmen mit lauten „Kiereck“-Rufen Kontakt zu anderen Rebhuhnketten auf. Sie kämpfen miteinander, denn dominante Hähne haben die besten Chancen bei den Hennen.
Bei der Balz stellt sich ein Hahn mit geöffnetem Schnabel vor eine Henne und macht sich so groß wie möglich. Der Balzton des Rebhahnes – ein leises „Gru“ – richtet sich nur an die Umworbene. Auch die Hennen werden Ende Februar immer aufgeregter, sie rennen von einem Hahn zum anderen und beobachten, wie die Hähne miteinander kämpfen. Hat eine Henne Interesse an einem Hahn, blickt sie ihm intensiv ins Gesicht, von rechts von links, mit ruckendem Kopf, der Hahn steht gereckt da, mit offenem Schnabel und gesträubtem Bürzel: „Gru“ – Rebhuhnromantik pur.
Die ganze Aufregung, das Rufen, Kämpfen, Verfolgen und Umherrennen ist riskant. Leicht werden Greifvögel oder Raubsäuger auf das Geschehen aufmerksam. Daher verlegen Rebhühner die Balz in die Dämmerung. Die Greifvögel schlafen schon, während das Licht trotzdem noch ausreicht, um einen nahenden Fuchs als Silhouette zu erahnen. Morgens und abends dauert diese intensive Zeit der Partnersuche jeweils nur eine halbe Stunde – ein echtes Speed-Dating also!
Um den Monatswechsel Februar/März finden sich die meisten Paare. Oft ist die gesamte Population innerhalb von ein oder zwei Wochen verpaart. Nur die Hähne, die ohne Henne blieben, streifen noch bis ins späte Frühjahr umher, rufen und hoffen auf ihre Chance, wenn ein anderer Hahn verunglückt. Diese Zeit der Paarbildung wird jedoch nicht als „Paarungszeit“ bezeichnet. Denn hier wird zunächst eine enge emotionale Bindung zwischen den Partnern aufgebaut, die meistens ein Rebhuhnleben lang hält. Die Rebhühner paaren sich erst später – zur Zeit der Eiablage (Mai).
Frühling
Die Paare wandern im März und April oft etwas vom Aufenthaltsgebiet der Kette ab um sich ein Brutrevier zu suchen (1 - 3 km sind die Regel). Einige Paare bleiben aber auch in dem vertrauten Gebiet. Eines der wichtigsten Auswahlkriterien für ein künftiges Brutrevier ist die Deckung durch vorjährige Vegetation. Vermutlich spielt auch die Verfügbarkeit von Insekten bei der Ortswahl eine Rolle, denn die Henne frisst mehr und mehr tierische Nahrung. Zur Zeit der Eiablage kann der Anteil tierischer Kost bis zu 60% betragen. Der Hahn unterstützt die Henne, ganz wie ein Haushahn: tierische Leckerbissen frisst er nicht selbst, sondern bietet sie der Henne mit leisem Glucksen an.
Im Mai legt die Rebhenne die ersten Eier und braucht fast drei Wochen dafür, da das Gelege so groß ist (durchschnittlich 16 - 17 Eier). Oft verzögert sich die Eiablage, weil Störungen am Nest auftreten.
Sommer
Oft ist das Gelege erst im Juni vollzählig. Erst wenn das letzte Ei gelegt ist, beginnt die Henne zu brüten. Der Hahn brütet nicht, sondern steht in der Umgebung des Brutplatzes Wache. Vor einer Attacke auf eine Krähe oder einen Turmfalken schreckt der Rebhahn nicht zurück. Bodenfeinde versucht er tagsüber durch „Verleiten“ vom Nest wegzulocken: dabei stellt er sich flügellahm und lockt den ungebetenen Gast vom Gelege weg. Trotzdem sind die 24 - 25 Tage des Brütens für die Henne die riskanteste Zeit im ganzen Jahr. Besonders der Fuchs erwischt oftmals die brütende Henne mitsamt dem Gelege.
Wenn alles gut geht, schlüpfen alle Küken an einem Tag. Dann ist es meist schon Juli. Sie kommunizieren noch im Ei mit Mutter und Geschwistern mit einem leisen Piepen und „verabreden“ sich zum synchronen Schlupf. An diesem Tag stellt sich der Hahn wieder bei der Henne ein und von nun an ist die Familie nur noch gemeinsam unterwegs.
Die Küken fressen in ihren ersten Lebenswochen fast ausschließlich Insekten und andere Wirbellose. Ameisennester sind eine besonders verlässliche Nahrungsquelle. Die Eltern scharren sie auf und die Küken flitzen zwischen den beißenden Ameisen herum und versuchen möglichst schnell viele Ameisenpuppen aufzupicken. Im Alter von zwei Wochen können junge Rebhühner schon etwas aufflattern. Im Alter von 6 Wochen haben sie die körperlichen Kräfte und Flugfähigkeit von erwachsenen Rebhühnern erreicht.
Herbst
Im September/Oktober mausern die jungen Rebhühner aus dem Jugendkleid in ihr adultes Federkleid und sind im November kaum noch von den Eltern zu unterscheiden.
Literatur
ORLOWSKI, G., CZARNECKA, J. and M. PANEK (2011): Autumn-winter diet of Grey Partridges Perdix perdix in winter crops, stubble fields and fallows. Bird study, 58:4, 473–486.