Eine Art für viele?
Das Rebhuhn als Zielart und die Effekte der Maßnahmen auf andere Arten der Agrarlandschaft
Viele Arten der Agrarlandschaft werden selten oder verschwinden komplett. Was tun wir für diese anderen Arten, wenn wir unsere Maßnahmen am Rebhuhn ausrichten?
Das Rebhuhn hat ähnliche Probleme und Bedürfnisse wie viele Arten der genutzten Kulturlandschaft: Es braucht Flächen, die weniger intensiv bewirtschaftet werden und pestizidfreie, insektenreiche Vegetation. Zusätzlich benötigt es ein kleinräumiges Nebeneinander vieler unterschiedlicher Kulturen und Landschaftselemente. Gleichzeitig ist das Rebhuhn mit seiner langen Brutzeit viel empfindlicher als viele andere Vogelarten. Von der Eiablage bis die Küken das Gewicht der Eltern haben vergehen beim Rebhuhn 3 Monate – das ist fast dreimal so lange wie ein Feldlerchenpaar zur Aufzucht einer Brut benötigt. Dazu kommt, dass Rebhühner die Brutreviere meistens schon zwei Monate vor der Eiablage beziehen. Von März bis August braucht das Rebhuhn eine störungsfreie und insektenreiche Deckung. Es ist also nicht automatisch jede Maßnahme, die für andere Feldbewohner ergriffen wird, auch für das Rebhuhn hilfreich. Umgekehrt profitieren jedoch sehr viele Arten von den Maßnahmen für Rebhühner. Das macht das Rebhuhn zu einer ausgezeichneten Zielart zur Verbesserung der Biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft.
Rebhuhngerechte Blühflächen haben erwiesenermaßen einen erheblichen positiven Effekt auf Nützlinge wie Bestäuber und Blattlausfresser (SCHEID 2010), auf Vögel, Feldhasen, Feldhamster und auf eine Vielzahl von Insekten. Selbst Raritäten wie Braunkehlchen und Wachtelkönige wurden schon in Blühflächen nachgewiesen. Die Dichten von Goldammern in Blühflächen der Demogebiete Nesselröden und Diemarden im Projekt PARTRIDGE war achtfach höher als auf Getreideflächen, die Artenzahl an Vögeln war vier bis sechsfach höher (SCHÄFER 2019). Von der Heckenpflege und deren Überführung in Niederhecken profitieren Goldammer und Neuntöter und von dem kleinräumigen Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen die Feldlerche. Die späte Mahd von Brachen ermöglicht auch vielen Singvögeln eine weitere Brut.
Im Vergleich mit einjährigen oder rein mehrjährigen Blühflächen erweist sich die rebhuhngerechte Blühfläche als artenreicher: das Nebeneinander von diesjähriger und vorjähriger Vegetation erhöht die Strukturvielfalt und bietet einen längeren Peak hoher Insektenverfügbarkeit (WIEDENMANN 2019), wodurch auch mehr Vogelindividuen angezogen werden.
Literatur
SCHÄFER, N. (2019): Do flower strips increase bird diversity and abundance in an agricultural landscape? Masterarbeit Universität Potsdam.
SCHEID, B. E. (2010): The role of sown wildflower strips for biological control in agroecosystems. Dissertation Universität Göttingen, Fakultät für Agrarwissenschaften.
WIEDENMANN, A. (2019): Farmland bird activity and arthropod biomass in three differently managed types of flower fields in Southern Lower Saxony, Germany. Masterarbeit Universität Göttingen, Abteilung Naturschutzbiologie.